Die Bewegung des Begriffs bei Hegel

Hegel

 

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Die Lehre vom Wesen

Darstellung der Entfaltung des Begriffs in der Wesenslolgik

Das Sein ist aus der unmittelbaren Einheit von Sein und Denken herausgekommen und vermittelt sich im differenten oder abgehobenen Insichsein mit sich selbst. Das Wesen ist somit nicht einfach eine Abstraktion vom Sein, sondern aus ihm entstanden und dabei es negierend, d.h. "diese Negativität ist dem Sein nicht äusserlich" (Glocknerausgabe, S. 69). Als Negativität ist das Wesen à Reflexion, welche die unmittelbare Bestimmtheit des Sein aufgehoben in sich als ihr Anderes enthält, das nur noch als --->Schein genommen wird, d.h. nicht mehr an sich, sondern nur in ihren eigenen logischen Bestimmungen Gesetztes und Vermitteltes Gültigkeit hat. Damit ist aber auch gegeben, dass die Beziehung auf sich selbst (Reflexion) nur als Beziehung auf Anderes ist: Innere Begrifflichkeit und äusseres Sein als ihr Anderes stehen einander gegenüber. Es wird deshalb die durchgehende Aufgaben der Lehre vom Wesen sein, diese Entgegensetzung als unwahr zu entlarven und zu zeigen, dass die einzelnen Begriffe und Kategorien des Wesen ihr Anderes schon in sich enthalten. So wird der Weg zum Begriff vorgespurt, indem die Identität des Wesen in sein Anderes vermittelt wird und nicht einfach als vorausgesetzt dem Anderen gegenüber bleibt. Aus dieser Vermittlung entstehen Denkgesetze als wesentlicher Ausdruck des Wesen, d.h. der Reflexion in sich. Sie sind notwendig eine kritische Auseinandersetzung mit den Denkgesetzten der formalen Logik und der Erkenntnistheorie, die sich ausserhalb des Gegenständlichen aufhalten.

Die Identität und der Unterschied

Das Wesen ist reflektierte Beziehung auf sich und damit Identität mit sich. In seinem Anderen oder seiner auf sich beziehende Negativität ist es jedoch Abstossen von sich und damit Unterschied. In der Lehre vom Sein ging es um die Vermittlung von Etwas mit seinem Andern und von Einheit (Fürsichseiendes) und Vielheit. Jetzt geht es um die Vermittlung zwischen Identität des Wesen und seinem gesetzten Unterschied. Die Vermittlung ist jetzt ins Wesen (Identität von Etwas) und seiner Abstossung selbst gesetzt, und nicht mehr nur ansichseiende vom Philosophen durchgeführte Vermittlung im unmittelbaren Einssein von Denken und Sein.

"Das Andersseyn ist hier nicht mehr das qualitative, die Bestimmtheit, Negation, Gränze, sondern dieselbe als im Wesen, dem sich auf sich beziehenden; die Negation ist daher als Beziehung, Unterschied, Gesetztseyn, Vermitteltseyn." (Glocknerausgabe, S. 71)

Diese in sich konkrete Identität des Wesen, welche ihren Unterschied selbst verwaltet, muss von der Verstandes-Identität unterschieden werden. Diese trennt zwischen Begriffsidentität und Unterschied und bleibt dabei abstrakt und unvermittelt. Jeder Satz mit einem Subjekt und einem Prädikat enthält schon diesen Unterschied und damit Veränderung. Ein Festhalten des Subjekts als abstrakte Identität widerspricht deshalb dem Satz selber. Wenn also jetzt in der Lehre vom Wesen gesagt wird, dass das Absolute das mit sich Identische ist, so ist es nur dann ein konkret (wahrhaft) Absolutes, wenn es seinen Unterschied in sich enthält und aus sich entlässt. Andernfalls bedeutet absolut lediglich abstrakt und das Absolute verliert seine Absolutheit.

Mit dieser Einheit von Identität und Unterschied als konkret Absolutes ist der Begriff an sich erreicht. Da diese Einheit jedoch noch nicht zur Vermittlung des Gegensatzes von Identität und Unterschied gelangt und als solche gesetzt ist, wird sie zum Grund, dessen Erscheinung zuerst aus ihm hervorgehen muss.    

Der Grund
 

Identität und Unterschied sind nicht einfach etwas Getrenntes für sich stehendes - wie es das abstrakte Denken nimmt - da sie aufeinander bezogen sind, andernfalls kommt es zu einem unauflöslichen Widerspruch: Der Satz der Identität widerspricht dem Satz des ausgeschlossenen Dritten, die für das abstakte Denken beide dasselbe aussagen sollen: „Dieser Satz des Gegensatzes [des ausgeschlossenen Dritten] widerspricht nun dem Satz der Identität, indem Etwas nach dem einen nur die Beziehung auf sich selbst, nach dem andern aber die Beziehung auf anderes sein soll.“ (Glockner, S. 74). Das abstrakte Denken, statt mit dem Satz des ausgeschlossenen Dritten den Widerspruch auszuschliessen, setzt diesen, ohne ihn aufzulösen.

Indem sie aufeinander bezogen sind, setzen sie implizit ein Drittes voraus, das sich nicht einfach im Nichts aufheben lässt. Im à Grunde ist dieses Dritte als die Einheit der Identität und des Unterschieds (Glockner, S. 75) gesetzt und damit explizit geworden. Der Grund ist somit die Wahrheit der reinen Reflexionsbestimmungen von Identität und Unterschied. Ihre widerspruchbehaftete Getrenntheit in der abstrakten Reflexion ist aufgelöst oder „zu Grunde“ gegangen.  

Hegel demonstriert hier wie später wieder in der Begrifflogik – Urteil und Syllogismus – dass rein formales Denken seinen Grund verliert (hier das Wesen) – eben abstrakt ist – und dabei notwendig Gegensätze produziert, die es – abstrakt bleibend – nicht in einer weitern konkreteren Bestimmung logisch auflösen kann.   

Der Satz des Grundes „Alles hat seinen zureichenden Grund“ ist somit die Zusammenführung des Satzes der Identität und des Satzes des ausgeschlossenen Dritten. Das Wesen ist im Grund sowohl Reflexion in sich wie auch in Anderes, d.h. es ist  „Grund nur insofern es Grund von Etwas, von einem Andern ist“ (Glockner, S. 75).    

Zusammenfassend von der Bewegung des Begriffs her gesehen kann man sagen:
 

Der Grund – als erster ausgefalteter Begriff der Reflexion (Wesen) - enthält die beiden entgegen gesetzten Momente der Identität mit sich und des Unterschiedes, des Abstossens von sich, in seiner Einheit. Es ist damit wieder ein Werden erreicht, das die Momente des Seins und Nichts als Entgegengesetzte und Widersprüchliche zusammenhält. Allerdings sind die beiden Momente im Begriff des Grundes jetzt vermittelt – also keine nur äusserliche Widersprüche mehr - da das Wesen aus dem ins Dasein übergegangenen Sein hervorgegangen ist und nicht als ein Abstraktes dem Sein nur als rein Negatives gegenübersteht: der Begriff (Wesen) ist innerlich geworden. Doch ist diese Vermittlung vorläufig gerade wegen seiner einseitigen Innerlichkeit nur eine formelle, da
  

„Der Grund hat noch keinen Inhalt, noch Zweck, daher ist er noch nicht thätig, noch hervorbringend; sondern eine Existenz geht aus dem Grund nur hervor.“ (Glockner, S. 76)
 

Dies bedeutet, dass der Grund noch nicht sein Dasein wieder gefunden hat, sondern immer noch auf dem Weg dazu ist, nachdem aus dem Sein zu einem reflexiven Wesen als das Absolute übergegangen werden musste. Die Vermittlung muss deshalb im folgenden Begriff (oder Begriffen) der Existenz aufgehoben werden, d.h. die  aus dem Grund nur hervorgehende Existenz ist zuerst (wie das Dasein in der Seinslogik) wieder einseitig, das bedeutet auf der Stufe des Wesen nur in sich reflektiert, und die Reflexion ins Andere, der Unterschied, ist nur implizit enthalten und muss in der weiteren Bewegung des Begriffs wieder explizit werden.

Die Existenz  

Das Existierende ist eine notwendige Setzung des Wesens (der Reflexion), das Sein an sich verloren hat. Es ist am Anfang eine einseitige Setzung, die nur die Reflexion-in-sich ausdrückt, und damit Ding-an-sich ist. Hegel schreibt:  

„Der Grund ist hiemit [in der ‚Existenz’] als Ding-an-sich gesetzt, wie er für sich in seiner Wahrheit ist, als das unbestimmte und unthätige [d.h. nur formelle], da er nur die aufgehobene Vermittlung ohne Inhalt und Zweck ist.“ (Glockner, S. 77)  

Wie im Dasein das Nichts, so ist auch im als Ding-an-sich gesetzten Grund seine Negation - die Folge oder Reflexion in Anderes - implizit gesetzt. So definiert Hegel das Existierende als „die unmittelbare Einheit der Reflexion-in-sich und der Reflexion-in-Anderes“ (Glockner, S. 77), wobei man ergänzen müsste: ‚in Form der Reflexion-in-sich’. Im weitern muss diese unmittelbare Einheit in die Vermittlung ihrer Momente übergehen, die eine Vermittlung von Verhältnissen in der erscheinenden Existenz sein wird.    

Exkurs
Es handelt sich hier im Grunde genommen auch wieder um eine Setzung durch den Philosophen in einem systematisch-hermeneutisches Verstehensverfahren wie bei der Einfaltung des Begriffs in der Logik des Seins. Allerdings muss dieses Verfahren jetzt anders verstanden werden, da der Begriff nicht mehr einfach in einen andern übergeht, ohne den vorhergegangenen noch in sich zu behalten. Die Logik der Reflexion oder des Wesens hält die Gegensätze zusammen:
 

„Das Existierende oder die Erscheinung in ihrer Bestimmtheit, ist daher das Verhältnis, dass Ein und Dasselbe [das Ding] die Entgegensetzung selbständiger Existenzen ist, und deren identische Beziehung ist [das Ding], in welcher die Unterschiedenen allein das sind, was sie sind.“ (Glockner, S. 80).  

Damit ist ein grosser Schritt zum an und für sich seienden Begriff gemacht. Allerdings ist diese (ausgefaltete) gegensätzliche Einheit von Identität und Unterschied erst eine Einheit an sich und muss noch in die eigene Vermittlung des Begriffs übergehen, d.h. in das Fürsichsein (Einfaltung) des Begriffs, aus dem dann diese Vermittlung im Zuge der Begriffslogik sich entfaltet.


Demgegenüber steht der Kantsche Ansatz des Ding-an-sich, das gegenüber der Reflexion in Anderes abstrakt fixiert wird. Dieses Setzen des Ding-an-sich ist als notwendige Abstraktion in einer Philosophie der (subjektiven) Reflexion zu verstehen, welche das Sein an sich voraus-setzen muss, das sie glaubt, nie einholen zu können. Es ist die Aufgabe der Hegelschen Logik des Wesens (und des Begriffs) zu zeigen, wie das Sein an sich wieder eingeholt werden kann.

Die Ausfaltung des Gedankens der ‚Existenz’, d.h. die Vermittlung der Reflexion-in-sich (Grund, Ding-an-sich) und der Reflexion-in-Anderes (Bestimmtheiten, Eigenschaften, Unterschiede, Folge) oder genauer die Explizierung der Reflexion-in-Anderes erfolgt nun über mehrere Stufen von Verhältnissen sich entgegen gesetzter Existenzen oder Existenzweisen in der oben gesetzten Einheit des bestimmten (existierenden) Dings.  

Dabei ist zu beachten, dass das Ding Reflexion-in-sich ist „als die von dem Unterschiede unterschiedene Identität“ (Glockner, S. 78) und nicht mehr unmittelbare Einheit von Dasein und Qualität (Etwas und Anderes) wie in der Seinslogik. Daraus ergibt sich zweierlei:
a) Die Bestimmtheiten oder Eigenschaften sind „selbständig und von ihrem Gebundenseyn an das Ding befreyt“ (Glockner, S. 78).
b) Zum andern sind sie jedoch abstrakte Bestimmtheiten, d.h. in der Reflexion-in-sich, die gleichzeitig Reflexion-in-Anderes ist (Existenz) „zur Unmittelbarkeit gelangten Bestimmtheit(en)“, „eins mit ihrem Seyn“ (Glockner, S. 78) im bestimmten Ding (Glockner, S. 78).  

Das erste solche abstrakte Begriffsverhältnis ist Materie und Form oder auch Gattung und Art. Dabei ist Materie (oder Gattung) der Grund oder die Grundlage des Dings (Reflexion-in-sich), während die Form (oder Art) den bestimmten Unterschied ausmacht (Reflexion-in-Anderes). In dieser Sichtweise ist die Eine Materie somit gegen die Form die wesentliche Existenz.

Andererseits sind die einzelnen Bestimmungen oder Materien, aus denen das Ding besteht und dessen Form gegen die Eine Materie sie zusammenfassend oder abstrakt ausmachen, auch dessen wesentliche Existenz, da sie sowohl Reflexion-in-Anderes sind (Bestimmungen) als auch Reflexion-in-sich (identische Beziehung auf das Ding).  

Das Ding als Eine Materie ist also sowohl wesentliche Existenz als auch im Vergleich zu den einzelnen Bestimmungen oder Materien des Dinges unwesentliche Existenz oder „abstrakte leere Dingheit“ (Glockner, S. 79). Die beiden Existenzweisen zusammen als Verhältnisse von Materie und Form machen die reflektierende Form der Erscheinung des Dinges aus.    

Exkurs

Schon Aristoteles musste die Frage zur Abgrenzbarkeit von Form und Materie stellen und welche der beiden das Zugrundeliegende oder Wesentliche seit. Gibt es überhaupt Materie ohne Form und kann die Form von der Materie isoliert werden? Da das Ding eine Einheit bildet, d.h. ein Ganzes ist, sind Form und Materie relational und aufeinander zurückbezogen: Eine Materie (Stoff) ist schon Form und eine Form ist wieder Materie für weitere Formen. Dies gäbe ein Regress ins Unendliche und der Versuch, eine letzte Materie zu bestimmen (als Wesen) würde scheitern. Würde man der reinen (abstrakten) Form den Primat geben, wäre dies ein Rückfall in die Ideenlehre Platons, die die Idee ausserhalb des Dinges setzt. Auch sagt Hegel, „eine Existenz (Ding) geht nur aus dem Grund hervor“ (Glockner, S. 76), hat noch keinen Zweck. So bleibt wohl nur das Existierende als „die unmittelbare Einheit der Reflexion-in-sich und der Reflexion-in-Anderes“ (Glockner, S. 77), wobei der Versuch diese beiden Momente als eine Relation von Form und Materie zu deuten nur eine Abstraktion ist und damit in sich widersprüchlich bleibt. Die Auflösung dieses Widerspruchs kann nur in weiteren Versuchen von relationalen Verhältnissen bestehen und letztlich in der Aufhebung des Gedankens der Existenz und seiner abstrakten Bestimmungen in einer umfassenderen Gedankeneinheit. Aristoteles scheint den umgekehrten Weg zu gehen, indem er auf die Ursache oder das Prinzip des zusammengesetzten Dings reflektiert und damit auf seinen realen Grund als das Mehr des Ganzen über die Summe der Teile. Dieses ‚Mehr’ bleibt aber auch abstrakt (wie die platonische Idee) und kann eben nur in einer umfassender Gedankeneinheit, in der die ‚Existenz’ als solche zum Moment wird, konkret gefasst werden. Dies zumindest ist der Weg Hegels.
 

‚Erscheinung’ bedeutet somit lediglich, dass das Wesen oder (wie es sich ergeben hat) die abstrakte Reflexion von Grund und Folge in der Unmittelbarkeit der Existenz aufgehoben, d.h. erschienen ist: Das Wesen ist in seinem Schein(en) aufgehoben oder „das Wesen muss erscheinen, ist in der Erscheinung“ (Glockner, S. 79), es kann nicht als Reflexion von Grund und Folge bestehen bleiben, auch wenn diese der Existenz ‚zu Grunde’ liegt, die damit nicht mehr ein unmittelbares Seiendes ist wie in der Seinslogik.  

Zusammenfassung:
Das Existierende oder Ding ist Erscheinung, d.h. ein „für sich Bestehendes, das unmittelbar als ein Anderes existiert; es existiert unmittelbar als Vermittlung“ (Glockner, S. 80)). Damit sind im Existierenden gegensätzliche Bestimmtheiten (Existenzweisen), die in Form von Wesen-Schein-Verhältnissen ihren Ausdruck und Vermittlung finden sollen. Das Wesen als solches (Identität, Unterschied, Grund-Folge) hat somit sein ‚Dasein’ oder Bestehen oder Fürsichsein bekommen, das allerdings eine in sich widersprüchliche Einheit darstellt, da es nur unmittelbar als Vermittlung existiert und nur in Verhältnisfolgen von Reflexion-in-sich (Materie oder Stoff) und Reflexion-in-Anderes (Form) zum Ausdruck kommt (reflektiert ist). Es wiederholt sich hier der Übergang vom ‚reinen Werden’ ins ‚Dasein’, allerdings, ohne dass das ‚Werden’ (hier Grund-Folge) wieder verloren geht.  

Die Verhältnisfolgen sind ein Fortgehen von ‚das Ganze und die Teile’ über ‚die Kraft und die Äusserung’ zum ‚das Innere und das Äussere’. Jedes Verhältnis ist ein Versuch, die Erscheinung als Einheit von Materie (Stoff) und Form zu fassen.  

Der erste Versuch, die Vermittlung der gegensätzlichen Momente in der Erscheinung zu denken ist derjenige des Ganzen und der Teile. Dieser Versuch bleibt ein Hin- und Hergehen zwischen dem Ganzen und den Teilen:  

„Das Zusammen ist das Gegenteil des Theiles“ und damit ein „Umschlagen der Identität mit sich in die Verschiedenheit“ (Glockner, S. 80/81).  

Es handelt sich hier um ein mechanisches Verhältnis, das ständig dem „Progress ins Unendliche“ (Glockner, S. 81) ausgesetzt ist, indem jeder Teil wieder als Ganzes angeschaut wird, das sich wieder als eine Summe von Teilen auffassen lässt.  

Wie schon beim Etwas und Anderes kann diese schlechte Unendlichkeit aufgehoben werden, indem die beiden Momente nicht einfach beide als positive und einander ausschliessend betrachtet werden, sondern als negative Beziehung aufeinander: „die Kraft als das mit sich identische Ganze, als Insichseyn, und umgekehrt die Aeusserung, die verschwindet, und in die Kraft zurückgeht“ (Glockner, S. 82). Die wahre Unendlichkeit ist als Kreisform zu denken.  

Im Unterschied zur Logik des Daseins verliert man jedoch hier durch die Negation nicht die Bestimmung im Fürsichsein, sondern kann diese in einem neuen Verhältnis von Wesen und Existenz halten: Kraft (Insichseyn) und Aeusserung.  

Über dieses Verhältnis sagt Hegel deshalb, dass „Ein und Dasselbe [Identität des Dings] sich in der unterschiedenen Bestimmtheit der Form setzt, und zwar als Einheit dieser Formbestimmungen und zugleich gleichgültig gegen dieses Unterscheiden ist“, fährt dann aber sofort fort: „Aber dieses Eine und Dasselbe ist nur erst an sich die Identität [von Identität und Unterschiedenheit], weil die beiden Seiten des Verhältnisses noch nicht selbst jede für sich die concrete Identität desselben, noch nicht die Totalität ist. Sie sind daher voneinander verschieden, und das ganze Verhältnis ein endliches“ (Glockner, S.82).  

Zwar gehen die Wesensverhältnisse insofern über das reine unendliche Fürsichsein hinaus, als beide Seiten (Etwas und Anderes --> Identität und Unterschiedenheit) im Ein und Dasselben gehalten werden, doch bleiben die beiden Seiten getrennte reflexive Momente, werden nicht in und durch die Einheit selbst aktiv vermittelt, sind noch nicht in der Einheit des ‚Selbstbewusstseins’ als Selbständige und Gegensätzliche aufgehoben.    

Exkurs

Wir stehen hier am Übergang von Kapitel „ III. Kraft und Verstand, Erscheinung und übersinnliche Welt“ zum Kapitel „IV. Die Wahrheit der Gewissheit seiner selbst“ in der Phänomenologie des Geistes. Das folgende Zitat daraus soll die Entwicklung klar machen (TWA 3, 138/139):
 

„Aber in der Tat ist das Selbstbewußtsein die Reflexion aus dem Sein der sinnlichen und wahrgenommenen Welt und wesentlich die Rückkehr aus dem Anderssein. Es ist als Selbstbewußtsein Bewegung; aber indem es nur sich selbst als sich selbst von sich unterscheidet, so ist ihm der Unterschied unmittelbar als ein Anderssein aufgehoben; der Unterschied ist nicht, und es nur die bewegungslose Tautologie des: Ich bin Ich; indem ihm der Unterschied nicht auch die Gestalt des Seins hat, ist es nicht Selbstbewußtsein. Es ist hiermit für es das Anderssein als ein Sein oder als unterschiedenes Moment; aber es ist für es auch die Einheit seiner selbst mit diesem Unterschiede als zweites unterschiedenes Moment. Mit jenem ersten Momente ist das Selbstbewußtsein als Bewußtsein und für es die ganze Ausbreitung der sinnlichen Welt erhalten, aber zugleich nur als auf das zweite Moment, die Einheit des Selbstbewußtseins mit sich selbst, bezogen; und sie ist hiermit für es ein Bestehen, welches aber nur Erscheinung oder Unterschied ist, der an sich kein Sein hat. Dieser Gegensatz seiner Erscheinung und seiner Wahrheit hat aber nur die Wahrheit, nämlich die Einheit des Selbstbewußtseins mit sich selbst, zu seinem Wesen; diese muß ihm wesentlich werden, d. h. es ist Begierde überhaupt.“  

Aus diesem Text gehen die 3 Schritte der Vermttlung von Etwas und Anderes --> Identität und Unterschied am Beispiel des Selbstbewusstseins sehr schön hervor:
 

1) „Der Unterschied
ist nicht, und es [das Selbstbewusstsein]  nur die bewegungslose Tautologie des: Ich bin Ich ...“. Da dem Selbstbewusstsein in seiner reinen Identität „der Unterschied nicht auch die Gestalt des Seins hat, ist es nicht Selbstbewusstsein“. Dieses „Ich bin Ich“ ist das reine Fürsichsein in der Seinslogik, das sein Andersein (aus dem es zurückgekehrt, für sich geworden ist) ausschliesst und zum Eins der Quantitätsverhältnisse wird.
2) Die Welt ist „für es [das Selbstbewusstsein] ein Bestehen, welches aber nur ERSCHEINUNG, oder Unterschied ist, der an sich kein Sein hat“: der „Gegensatz seiner Erscheinung und seiner Wahrheit“, der im Gedanken (Begriff) der ‚Erscheinung’ wesenslogisch als Verhältnisfolge gesetzt ist.

3) „Dieser Gegensatz seiner Erscheinung und seiner Wahrheit hat aber nur die Wahrheit, nämlich die Einheit des Selbstbewußtseins mit sich selbst, zu seinem Wesen; diese muß ihm wesentlich werden; ...“. Diese Wahrheit wird erst erreicht im Übergang zum an und für sich seienden Begriff  der subjektiven Logik.
 

Da Kraft und Äusserung sich noch als Gegensätze gegenüberstehen, ohne dass sie im Begriff vermittelt sind, fährt Hegel fort:  

„Die Kraft braucht daher der Solicitation von aussen, und die Bestimmtheit des Inhalts ist eine Zufällige. Er [der Inhalt] hat noch nicht die Unendlichkeit des Begriffs und Zweckes, der das an-und-für-sich bestimmte ist.“    

Exkurs

Es ist interessant, dass Hegel hier schon den Begriff des ‚Zwecks’ vorwegnehmend gebraucht: Was in seinem Begriff ist, das hat auch seinen Zweck in sich. Diese Problematik hat schon Aristoteles in den 4 Ursachen und der Frage nach dem wahrhaften Zugrundeliegenden beschäftigt. Er unterscheidet 4 Ursachen (Buch II der Physik und Substanzbücher Zeta, Eta und Theta der Meta-Physik):

-   Stoffursache (Materie, Gattung)
-   Formursache (das Allgemeine, Art, abstrakter, rein gedanklicher Zweck/Idee)

-   Prozessursache (Kausalität, Wirkursache)
-  
Ziel- oder Zweckursache (Telos, verwirklichter oder aktualer Zweck)
 

Jedes (endliche) Einzelding oder Ousia (einzelnes Wesen) besteht aus diesen 4 Ursachen oder Prinzipien, ist also daher ein Zusammengesetztes. Für Aristoteles ergibt sich die Frage, welche dieser Ursachen oder sogar das Zusammengesetzte selbst das eigentlich Zugrundeliegende ist. Hegel nun ordnet diese Ursachen verschiedenen Ausprägungen des Begriffs (des Gedankens), d.h. verschiedenen ‚Zusammengesetzten’ zu: Stoff und Form gehören zur erscheinenden Existenz, die als solche weder den Kausalitätsgedanken noch den Gedanken des Telos schon explizit enthält. Die ‚Erscheinung’ ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie in ihrer Zusammensetzung und Vermittlung von Innerem (Form) und Äusserem (Stoff) gesetzt ist, noch isoliert von ihrer Wirk- und Zielursache. Die erscheinende Existenz ist erst Begriff an sich, hat noch nicht alle Momente des Seins in sich entwickelt und muss deshalb selber zum Moment in einer höheren Einheit werden. Das Vorgehen von Aristoteles führt hingegen zu Abstraktionen und (oder) zu einem Progress ins Unendliche, da es immer vom Ganzen ausgeht und dann einzelne Momente abspaltend in Form einer Prinzipiendiskussion behandelt. Das Ganze muss jedoch als Zusammengesetztes differenziert im Fortgang des Begriffs betrachtet werden. Dieses Vorgehen hilft auch, falsche Beurteilungen und Wertungen für die verschiedenen Ausprägungen des Seins zu vermeiden, es ist eine kritische Ontologie.
 

Die Kraft ist somit kein Selbständiges, das alle seine Momente in sich aufhebt, und braucht zur Äusserung endliche Bedingungen, die ausserhalb ihrer liegen. Damit ist bei der Erklärung der Äusserung durch Kraft wiederum ein Progress ins Unendliche nicht vermeidbar. Die erscheinende Existenz als solche kann nicht durch sich selbst erhellt werden, sie braucht Vermittlungen ausserhalb ihrer.  

So ergibt sich der Übergang zum nächsten Verhältnis, welches die erscheinende Existenz aus sich erklären soll: Nimmt man „die Kraft, als das Ganze [und Unendliche], welches an sich selbst die negative Beziehung auf sich ist“, dann ist die Äusserung der Kraft lediglich ein von sich Abstossen und die Äusserung selbst ist die Vermittlung und kehrt in sich selbst zurück --> das Verhältnis von Inneres und Äusseres.  

Damit ist das, was beim Verhältnis Kraft – Äusserung nur an sich die Identität der Reflexion-in-sich und der Reflexion-in Anderes (= erscheindende Existenz) war, für sich geworden oder gesetzt. Das durch die Bewegung der Kraft bestimmte Ding ist jetzt eine erfüllte Identität der Reflexion-in-sich und der Refelxion-in-Anderes und damit mit sich identischer --> Inhalt geworden.  
Bei diesem neuen erklärenden Verhältnis der erscheinenden Existenz hat das Äussere und Innere für sich gesetzt denselben Inhalt: „was innerlich ist, ist auch äusserlich vorhanden und umgekehrt; die Erscheinung zeigt nichts, was nicht im Wesen ist, und im Wesen ist nichts, was sich nicht manifestiert““ (Glockner, S. 83/84).  

In ihrer Intention (Begrifflichkeit) sind jedoch Inneres und Äusseres auch schlechthin entgegengesetzt, und zwar als zwei Abstraktionen, einerseits der Identität, andererseits der blossen Realität, einmal des abstrakten Begriffs, andererseits des Äussern. Der Begriff als nur Innerer bleibt so dem Inhalt ein Äusserer. Das Denken wird zum subjektiven wahrheitslosen Denken.  

Betrachtet man das Verhältnis nicht vom subjektiven Denken und der Logik, sondern von ihrer Realisierung im Geist her, so ist „der Begriff, Zweck, Gesetz nur erst innere Anlagen, reine Möglichkeiten“ und damit schlagen sie in die reine Äusserlichkeit um, „sind sie nur erst eine äusserliche unorganische Natur, Wissenschaft eines Dritten, fremde Gewalt usw.“ (Glockner S. 84).     

Exkurs

Die Bestimmung von Wesen gegen die Erscheinung als nur Äusseres genommen ist immer fremde Gewalt. Hegel kritisiert hier auch die Aufklärung, die gegen die Erscheinung der alten Welt, die ihr Wesen verloren hat und nur noch äussere Existenz war, Abstraktionen der Freiheit setzte. Allerdings sieht Hegel auch die Notwendigkeit dieser Gewalt ausübenden Gegenübersetzung. Nur muss dieses noch abstrakte Wesen, Reflexion-in-sich, dann auch wieder eine eigene Existenz, Reflexion-in-Anderes, schaffen, soll sowohl das Wesen als auch die Erscheinung in einer neuen Einheit vernünftig werden.

Die Wirklichkeit oder die Notwendigkeit der Substanz  

Damit aber ist schon der Begriff der --> Wirklichkeit erreicht, der die abstrakten reflexiven Verhältnisse von Wesentlichem und Unwesentlichem im Begriff der Erscheinung aufhebt und nun die Einheit von Innerem und Äusserem, von Wesen und Existenz gegen solche Abstraktionen ausdrückt: das Aktuale, das mit seiner Erscheinung unmittelbar eins ist: Das Innere ist äusserlich geworden, das Äussere ist nur der unmittelbare Ausdruck des Innern. In der Wirklichkeit ist das Innere zum Moment geworden, d.h. gesetzt und nicht nur ein abstrakte Reflexion als Verhältnis zum Äussern.    

Exkurs

Die Einheit von Wesen und Existenz ist das Ergebnis von erschöpften Versuchen Erscheinung unmittelbar in ihrer Wesentlichkeit zu fassen. Man kann Erscheinung nicht aus sich heraus verstehen, letztlich sind solche Erklärungen immer Tautologien und Progresse ins Unendliche. Allerdings ist diese Einheit wiederum nicht direkt logisch ableitbar, sondern konnte nur im systematisch-hermeneutischen Verstehensverfahren aus der Entwicklung der Reflexion zum Begriff der Erscheinung gesetzt werden als neues Sprungbrett für weitere Vermittlungsversuche zwischen den wesenslogischen Begriffen des Identischen und des Unterschieds, des Wesentlichen und seines Scheinen im Andern. Die Wahrheit dieser Setzung geht erst aus der erneuten Ausfaltung des Begriffs (der Wirklichkeit) hervor.  

Der Begriff der Wirklichkeit als Einheit von Innerem und Äusserem ist jedoch eine ganz besondere Setzung, wird damit doch die absolute Notwendigkeit dem Zufälligen gegenübergestellt. Da Hegels Logik nach seinem eigenen Anspruch auf die Entwicklung des Begriffs der Freiheit zielt, ist nun zu zeigen, wie Freiheit entstehen kann durch die schiere Einheit von Innerem und Äusserem hindurch.  

Der erste Schritt dazu ist die Setzung auch des Unterschieds zur unmittelbaren konkreten Einheit der Wirklichkeit, nämlich der --> Möglichkeit - der abstrakten Reflexion-in-sich, des früheren Innern - die der Einheit der Wirklichkeit gegenübersteht. Da das Wirkliche aber das unmittelbar Wirkliche, d.h. die unmittelbare Einheit von Innerem und Äusserem und nicht mehr wie früher als Erscheinung lediglich ein Verhältnis von Innerem und Äusserem ist, wird es selbst zu etwas Möglichem, zu einem äusserlichen Unmittelbaren, und ist Zufälliges. Die Unmittlbarkeit des Wirklichen setzt es zu einem genauso unmittelbaren Möglichen.   

Zufälligkeit ist somit als gesetzte unmittelbare Wirklichkeit. Das Setzen ist in der Zufälligkeit aufgehoben und sie deshalb „ein Vorausgesetztes, dessen Unmittelbarkeit ebenso eine Möglichkeit ist .... die Möglichkeit eines Andern oder --> die Bedingung“ (Glockner, S. 87), der Stoff oder Inhalt. Die Bedingung (Stoff, Inhalt) gehört zur Möglichkeit, diese ist nicht einfach ein Abstraktum.  

Davon zu unterscheiden ist die unmittelbare Tätigkeit der Übersetzung des Innern ins Äussere und umgekehrt, die tätige Form in der Wirklichkeit, die keine abstrakte Identität mehr ist.  

Die Notwendigkeit besteht nun darin, dass die Identität von Bedingung (Stoff) und tätiger Form gedacht wird, die Identität der an sich seienden Möglichkeit und der für sich seienden tätigen Form, die ihre Möglichkeit nicht ausserhalb ihrer hat, wie umgekehrt, die Möglichkeit oder Bedingung ihre Realisierung in der Form nicht ausserhalb ihrer hat. Wirklichkeit als Identität dieser beiden Momente gedacht, ist Notwendigkeit; oder: die „Identität der Möglichkeit und Wirklichkeit [als voraus-gesetzte Wirklichkeit oder unmittelbar Wirkliches] ist die Notwendigkeit“ (Glockner, S. 88).  

Zufälligkeit ist somit ein Moment der Notwendigkeit als Voraussetzung oder Bedingung, die der Formtätigkeit ausgesetzt ist und dadurch in eine andere Wirklichkeit übergeht.    

Exkurs

Bei der erscheinenden Existenz wurde gezeigt, dass das nur Innere auch das nur Äussere ist. Jetzt zeigt sich, dass das Wirkliche als Unmittelbares auch nur ein Mögliches ist. Bei der Erscheinung wurden allerdings nur ihre beiden Seiten angeschaut, die eben aus dem Begriff der Erscheinung selber nicht gegenseitig erklärbar sind, deren Bedeutung innerhalb der Erscheinung nicht unterschieden werden können ohne Bezugnahme auf etwas Drittes. Jetzt bei der Wirklichkeit ist das Ganze gleichzeitig wirklich als auch möglich, kann unter dem Aspekt seiner Wirklichkeit (äussere Innerlichkeit) wie auch seiner Möglichkeit (innere Äusserlichkeit) angeschaut werden, wie der Morgen- und Abendstern auf dasselbe Objekt referieren, jedoch abgrenzbare unterschiedliche Bedeutung haben.
 

Bei der Erscheinung hatten wir nur das Ding an sich mit seinen beiden Seiten des Innern und Äussern. Wirklichkeit hingegen ist gesetzter --> Inhalt und damit das Dritte, an dem Mögliches oder Zufälliges ‚gemessen’ werden kann. Es besteht jetzt ein Unterschied zwischen Form (im Begriff der Wirklichkeit als Identität des Dings mit sich oder Möglichkeit gesetzt) und Inhalt als gesetzter Unterschied, der allerdings nicht mehr ausserhalb der Möglichkeit zu suchen ist: „ob etwas zufällig und möglich ist, kommt [deshalb] auf den Inhalt an“ (Glockner, S. 87).
 

Wir sehen, dass jetzt nicht mehr wie in der Erscheinung ‚Materie’ (‚Stoff’) die Reflexion-in-sich – das Zugrundeliegende – ist, sondern die Formbestimmung als die innere Möglichkeit des Inhalts, „die substantielle Identität als die Formthätigkeit“, d.h. als das Übergehen des unmittelbar Wirklichen und Zufälligen durch seine blosse Möglichkeit in eine andere Wirklichkeit (Glockner, S. 89). Damit ist eben auch die wesentliche Differenz zwischen dem Begriff der erscheinenden Existenz und der Wirklichkeit gesetzt: Die Erscheinung ist nur Bestehendes und hat sein Anderes ausserhalb seiner. Die Wirklichkeit hat seine Dynamik in sich selbst.
 

Als Beispiel für die Wirklichkeit als Einheit von Innerem und Äusserem in der realen Welt kann die ‚Handlung’ betrachtet werden. Die ‚Handlung’ ist die Einheit von Intention und Inhalt in dem Sinne, dass der Inhalt voraus-gesetzt wird und dann die Möglichkeit seiner Veränderung oder ‚Intention’ neue Wirklichkeit schafft. Sobald man ‚Intention’ und Aktualisierungsakt nicht einfach abstrakt auseinander hält und versucht, eine von der Aktualisierung gereinigte ‚Intention’ zu konstruieren (Kant), wird der dynamische Prozess klar: Aus der Einheit von Innerem und Äusserem wird die Wirklichkeit aus ihr selbst entwickelt. Diese Entwicklung ist ihre innere Notwendigkeit, die jedoch auch immer Zufälligkeit ist, da die Voraus-setzung (Bedingung) dieser unterliegt.
 

Wir werden später im an und für sich seienden Begriff sehen, wie dort die Voraus-setzung behandelt wird, nämlich, dass das Zufällige ein Moment des Begriffs, d.h. vermittelt ist. Erst daraus kann Freiheit realisiert werden, ohne dass sie durch die Macht der Zufälligkeit aus der unmittelbaren Einheit von Innerem und Äusserem ständig wieder zerstört wird, aber auch ohne dass Zufälligkeit in der Substanz einfach negiert ist und damit nackte Notwendigkeit Freiheit im Keime erstickt.
 

Die Notwendigkeit ist somit die Tätigkeit des unvermittelten Übergehens von Unmittelbarkeit in Vermittlung und von Vermittlung in Unmittelbarkeit (Glockner, S. 88). Sie ist ein ‚Werden’, das die beiden Momente von Sein und Nichts zusammenhält und bei seinem Vollzug das eine Moment nicht im anderen Moment verliert, allerdings als Ganzes oder Einheit von Innerem und Äusserem der Unmittelbarkeit oder eben Zufälligkeit ausgesetzt ist.  

Die Notwendigkeit muss so als ein Verhältnis der Notwendigkeit angeschaut werden, das durch die beiden Momente der Voraus-Setzung des Inhalts und der Formtätigkeit bestimmt und eine absolute Identität mit sich, d.h --> Substanz ist (Glockner, S. 89).  

Als erstes ist diese absolute Identität mit sich als das Verhältnis von Substantialität und Akzidentalität zu betrachten, als „Substanz als solche, die aber als Nothwendigkeit die Negativität dieser Innerlichkeit ist, also sich als Wirklichkeit setzt, aber ebenso die Negation dieses Aeusserlichen ist, nach welcher das Wirkliche, als unmittelbares nur ein Accidentelles ist, das durch diese seine blosse Möglichkeit in eine andere Wirklichkeit übergeht“ (Glockner, S. 89).  

Der Inhalt oder die Zufälligkeiten sind somit nur noch Ausdruck der Substanz und ihrer absoluten Formtätigkeit. Sie verlieren ihre Eigenständigkeit und gehen in der Macht der Notwendigkeit unter. Das Verhältnis Zufälligkeit-Notwendigkeit ist zugunsten der Notwendigkeit in der Substanz aufgelöst worden.  

Soweit allerdings die Substanz „die sich auf sich als innere Möglichkeit beziehende Macht ist, ist sie wirkend, und ist --> Ursache“ (Glockner, S. 89). Daraus ergibt sie das --> Kausalitätsverhältnis, das Aufheben der inneren Möglichkeit in der Wirkung, d.h. die in der Substanz gesetzte Wirklichkeit, die eine notwendige ist: Das unendliche Substantialitätsverhältnis ist als Kausalitätsverhältnis gesetzt, d.h. real.  

Die Ursache als Wirken ist aber im Kausalitätsverhältnis nicht ausserhalb der Substanz, ansonst sie nur eine endliche wäre und ihre Wirkung nicht in sich zurückholt, was sie erst zur unendlichen macht. Nur die Wirkung als aufgehobene Möglichkeit ist endlich. Die Substanz als die ursprüngliche wirkende Sache (Ur-sache) und die gesetzte Wirklichkeit bleiben sich als lebendiger Gegensatz gegenüber. Die beiden Momente dieses Verhältnisses dürfen jedoch in der Reflexion nicht abstrakt gegeneinander und voneinander getrennt gestellt werden: Hegel sagt, dass an diesem Gegensatz von Form und Inhalt nicht festgehalten werden darf (Glockner, S. 90), da so die Wirkung ihr Wirken verliert. Ein solches Festhalt impliziert einen Progress von endlichen Ursachen und endlichen Wirkungen ins (schlechte) Unendliche, was dem Begriff der Wirklichkeit und Substantialität widerspricht. Allerdings bleibt Substantialität eine unmittelbare Notwendigkeit und damit nur äusserer Begriff oder Begriff an sich, der die Vermittlung seiner Momente noch nicht explizit gemacht hat und damit nur die Macht der Notwendigkeit darstellt.  

Mit dem Kausalitätsverhältnis als lebendiger Gegensatz seiner Momente ist der Übergang in das --> Verhältnis der Wechselwirkung vollzogen, d.h. in die wahre Unendlichkeit des Progresses von Ursache und Wirkung, in der „das geradlinige Hinausgehen von Ursache zu Wirkung und von Wirkung zu Ursache [der schlechten Unendlichkeit] in sich um- und zurückgebogen ist“ (Glockner, S. 91).  

Hier beginnt der ‚Begriff an sich’ für sich zu werden, indem die Momente des Gegensatzes als aufgehobene Selbständige in ihm vermittelt und demnach nicht mehr nur unmittelbare Gegensätze in seiner an sich seienden Einheit und Notwendigkeit, sind. Damit aber verselbständigt sich die Ursache und löst sich sowohl von der Wirkung (Setzung) als auch von der voraus-gesetzten Substanz (Möglichkeit) „indem dieser ganze Wechsel [Wechselwirkung zwischen den beiden Momenten] das eigene Setzen der Ursache und nur dies ihr Setzen ihr Sein ist“ (Glockner, S. 92). 

Aus dem letzten reflektiven Verhältnis von Notwendigkeit und Zufälligkeit – der noch äusseren, nicht bei sich bleibenden Wechselwirkung – ist der an und für sich seiende Begriff entstanden, der sein Ansichsein selber setzt und dessen Fürsichsein durch sein eigenes Ansichsein vermittelt ist. Am Anfang ist diese Vermittlung noch unmittelbar und nur an sich. Der an und für sich seiende Begriff entwickelt sich jedoch in Richtung der Setzung seiner eigenen Freiheit, die aus der Notwendigkeit der Substanz und ihrer Momente vorerst noch abstrakt hervorgegangen ist und dorthin als seine eigene Gegenständlichkeit zurückkehrt und damit konkret wird:  

„Die Wahrheit der Nothwendigkeit ist somit die Freiheit, und die Wahrheit der Substanz ist der Begriff, - die Selbständigkeit, welche das sich von sich Abstossen in unterschiedliche Selbständige, als dies Abstossen identisch mit sich, und diese bey sich selbst bleibende Wechselbewegung mit sich ist.“ (Glockner, S. 93)    

Exkurs

Das Zurückgehen des Begriffs der Substanz in den Begriff des Subjekts ist ein Zurückgehen von der ausgefalteten Äusserlichkeit in die eingefaltete Innerlichkeit, vom Konkreten ins Abstrakte, vom Komplexen ins Einfache, vom Vermittelten ins Unmittelbare, das jedoch seine eigene Vermittlungs- und Entfaltungsmöglichkeit als an und für sich seiender Begriff in sich trägt. Dieses Zurückgehen ergibt sich nicht rein logisch und zwangsläufig, sondern muss wie früher bei analogen Übergängen als systematisch-hermeneutisches Verstehensverfahren aufgefasst werden: Der Begriff der Substanz hat seine Möglichkeiten ausgespielt; aus ihm als solcher wäre nur ein Rückgang in die leblose Existenz offen. Eine weitere Entwicklung der Realisierung von Freiheit ist lediglich über die Verinnerlichung möglich, die vorerst nur eine Vereinfachung einer komplexen Äusserlichkeit ist. Dies kann als Hegels nicht-linearer Prozess des Begriffs der Freiheit bezeichnet werden.