Der Begriff der Religion

 - Der Anfang der Religionsphilosophie ist der noch eingehüllte Begriff der Religion
   selbst. Es geht nicht darum, einen der Religion fremden Begriff an den Anfang zu
   setzen.
 - Der Begriff umfasst den Gegenstand der Religion – Gott als die absolute Wahrheit –
   und das Wissen der Religion von Gott als absolutes wahres Wissen. Die Einheit
   dieser beiden ist der begriffliche Anfang, das erste Absolute.

Von Gott

- Gott ist am Anfang nur ein abstrakter Name, der noch keinen wahrhaften Gehalt bekommen hat.
- Zwar sind Vorstellungen von Gott vorhanden, doch erst die Religionsphilosophie
  ist die Entwicklung dessen, was Gott ist aus seinem anfänglich noch eingehüllten
  Begriff, der aus sich selber heraus – seiner Einheit und seinem Gegensatz von
  Gegenstand und Wissen - entwickelt werden muss. Die Vorstellung hat ihren
  Gegenstand als fester ausserhalb ihrer. Die kritische Entwicklung des Begriffs Gottes
  geht daher hinter ihrem Rücken vor sich.
- Der Anfang ist noch ganz das Allgemeine und Abstrakte, da noch keine Inhalte
  entwickelt sind. Dieses Allgemeine ist jedoch nicht nur ein subjektiv Allgemeines,
  das später beim Übergang ins Konkrete, Inhaltsvolle wieder verlassen wird, so
  dass nur noch das Bestimmte ist. Es erhält sich als Allgemeines, als „absolute,
  dauernde Grundlage“ der Entwicklung der Bestimmtheiten, der Setzung von Grenzen.
  Der Anfang ist somit als objektiv als auch subjektiv zu nehmen, nur so kann das
  Allgemeine seine Bestimmtheiten (Grenzen etc.) aus sich als seine Momente entlassen.
- Gott ist keine abstrakte Allgemeinheit, „ausserhalb welcher das Besondere, gegen
  welches das Besondere noch selbständig wäre“. Gott als das in sich Konkrete ist nur Einer,
  der seine Konkretheit erst in seinen Bestimmungen, in der Entwicklung seines Begriffs
  entfaltet. Als Einer steht er nicht im Gegensatz zu vielen Göttern.
- Der erste Inhalt Gottes ist sein Einssein. Damit ist er Substanz, „die allein wahrhafte
  Wirklichkeit“. Alles andere ist nicht für sich wichtig. Dieser Gedanke ist Spinozismus,
  sofern er so abstrakt festgehalten wird.
- Aber die Allgemeinheit Gottes ist auch reine Beziehung auf sich selbst, d.h. Geist,
  der im Andern bei sich bleibt, eins bleibt, Idealität von allem Besondern,
  Durchsichtigkeit, und nicht nur Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Allgemeinheit
  Gottes ist somit mehr als nur Substantialität, die noch gar nicht von der Subjektivität
  unterschieden ist (siehe auch Übergang von der ‚Wirklichkeit’ in der Wesenslogik in
  den ‚Begriff’ in der Subjektiven Logik).
- Gott als das schlechthin Allgemeine und Eine ist für das Denken und das
  Denken allein. Nur das Denken kann Gott als das Eine, das im Andern Eins bleibt
  – das Allgemeine in seiner Tätigkeit, Wirksamkeit - fassen.
- Das Denken ist am Anfang noch absorbiert in diesem Einen, Allgemeinen, an und
  für sich Seienden. In dieser Anfangsbestimmung, die schon wahrhafte, absolute
  jedoch noch nicht entwickelte Bestimmung ist, „bleibt Gott bei aller Entwicklung
  absolute Substanz“, die Einheit der absoluten Wirklichkeit. Die Subjektivität ist noch
  nicht von der Substantialität unterschieden.
- Dieses Eine, Allgemeine ist der Ausgangspunkt. Es ist weder ein „blosser Boden,
  aus dem Unterschiede erwachsen“, noch „ein träges, abstrakt Allgemeines“. Alle
  Unterschiede bleiben in ihm eingeschlossen, und so ist es „der unendliche Trieb
  und Quellpunkt, aus dem alles hervor- und in den alles zurückgeht und ewig darin
  behalten ist“.
- Diese Vorstellung von Gott wird als Pantheismus bezeichnet, die Vorstellung der
  Substantialität. Auch das absolute Subjekt oder der Geist ist hier nur als Substanz
  bestimmt. Aber der Geist „ist nicht nur Substanz, sondern in sich auch als Subjekt
  bestimmt“. Die Darstellung dieser Beziehung macht die spekulative Philosophie
  aus, die deshalb nicht als Pantheismus oder Spinozismus bezeichnet werden darf,
bei dem der Geist in der Substanz eingeschlossen bleibt, sich nicht in den
Unterschied oder Gegensatz zu ihr setzt.
- Die spekulative Philosophie ist auch nicht Identitätsphilosophie, obwohl die
  Substanz  Identität mit sich ist. Aber sie ist auch Geist, der keine abstrakte Einheit
  ist, sondern die „Bestimmung dieser Einheit in sich“, gleichgültig „ob sie als
  Substanz oder Geist bestimmt ist“, die am Anfang des Prozesses der
  Bestimmungen eins sind.
- So ist „die ganze Philosophie nichts anderes als das Studium der Bestimmung der
  Einheit“, oder anders ausgedrückt: Gott, das Allgemeine, das Eine ist das Logische
in der Reihenfolge seiner Bestimmungen, die absolute Idee als Ganzes ihrer
logischen Momente, die sich in den Erscheinungen der Natur und des Geistes
Realität gibt, nur in diesen Erscheinungen ist und erkannt werden kann und ohne
diese nichts ist. Es gibt kein Ansichsein hinter den Erscheinungen.
- „Ebenso ist die Religionsphilosophie eine Reihenfolge von Einheiten, immer die
  Einheit, aber so, dass diese immer weiterer bestimmt ist.“ Entscheidend ist der
  Unterschied dieser Bestimmungen der Einheit, d.h. die Logik ihrer fortlaufenden
  Bestimmung.
- Am Anfang ist keine Unterschied vorhanden, Subjekt und Objekt, Geist und
  Substanz sind eins. Die Einheit ist das erste Absolute. Daraus tritt „der Unterschied
  überhaupt hervor, der als geistiger Unterschied Bewusstsein ist, und damit erst
  fängt die Religion als solche an“. Die anfängliche absolute Allgemeinheit, das Eine
  geht ins Urteil über, d.h. setzt sich als Bestimmtheit. Dadurch wird Gott Gegenstand
  des Bewusstseins, „Geist für den Geist“. Das Denken des Allgemeinen tritt in ein
  Verhältnis zu seinem Gegenstand. Seine anfängliche Absorbierung in der Substanz
  wird zum Unterschied und Gegensatz. Damit beginnt die Entwicklung der
  Bestimmungen als spekulatives Denken.

 Das religiöse Verhältnis

- Weil Gott wesentlich Geist ist, kann er nicht unabhängig vom subjektiven Geiste,
  vom Bewusstsein betrachtet werden. Gott ist weder nur objektiv gegeben
  (Mittelalter), noch nur im Subjekt als vage Vorstellung ohne Objektivität, ohne
  Wissen von ihm (Neuzeit). Religion ist im religiösen Verhältnis und als solches in
  der Religionsphilosophie zu betrachten.
- Die Notwendigkeit der Religion und des religiösen Verhältnisses kann weder aus
  der Empirie noch aus einer bedingten Notwendigkeit, dass die Religion Zweck für
  etwas Anderes sei, heraus bewiesen werden.  Beide machen die Religion zu etwas
  rein Äusserem und Zufälligem.
- Die absolute Notwendigkeit der Religion ergibt sich durch die Entwicklung der
  Bestimmungen des Geistes, die dieser selber setzt. Der Inhalt der Religion und das
  Bewusstsein darüber setzen ihre Bestimmungen und die Entwicklung dieser
  Bestimmungen aus sich selber heraus. Das spekulative Denken zeigt die logische
  Notwendigkeit der Entwicklung auf und verfolgt dabei die Übergänge von einer zu
  einer andern Bestimmung aufgrund der mangelhaften Vermittlung auf einer
  bestimmten Stufe des geistigen Verhältnisses.
- So ist die Bewegung des Denkens auch die Bewegung der Sache. Das Unendliche
  kann nicht durch die subjektive und willkürliche Aufhebung von Grenzen bewiesen
  werden, sondern nur durch die Aufhebung des Endlichen durch sich selbst im
  Durchgang durch alle seine Verhältnisse von Bewusstsein und Inhalt. Damit wird
  das Endliche zu Momenten des   Unendlichen, das andernfalls als Abstraktion selber
  nur Endliches wäre.
- Es sind somit zwei Seiten zu betrachten: Zum einen, was der Geist als Bewusstsein
  ist, was er selber auf einer bestimmten Stufe seiner Entwicklung weiss, was er ist
  und ihm als zufällig erscheinen mag, zum andern „die Notwendigkeit, dass diese
  Welt für ihn geworden ist“. Dieses Werden und Gewordensein ist nicht für den Geist
  auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung, „geht im Geheimen gegen ihn vor, ist
  nur für die philosophische Betrachtung“ (S. 112), d.h. die logische Betrachtung des
  Geistes als sich entwickelnder Begriff.
- Das spekulative Denken versetzt somit die Bewusstseinsinhalte, die Inhalte der
  Vorstellung, in einen inneren logisch notwendigen Zusammenhang. (von S. 112 auf
  S. 151 gesprungen), ohne dabei von den Inhalten des Bewusstseins, vom Geist wie
  er sich selber betrachtet, einfach zu abstrahieren und ihm damit subjektive
  Denkkategorien aufzuzwingen, die seine Inhalte, statt sie zu entwickeln, sich
  unterwerfen und dabei als ihm fremde Kategorien willkürlich verändern.  
 
Die Notwendigkeit und Vermittlung des religiösen Verhält-
nisses in der Form des Denkens (S. 151 ff)
 
- Die Notwendigkeit, das religiöse Verhältnis in Form des spekulativen Denkens zu
erfassen und seine Momente im Begriff zu vermitteln, muss über zwei dieser
Form vorausgehenden Erscheinungsweisen des Denkens aufgezeigt werden:
(1)   Wie das Denken als innere Dialektik der religiösen Vorstellung schon erscheint
(2)   Wie das Denken als Reflexion die Momente des religiösen Bewusstseins zu vermitteln sucht
- Nur über diese beiden vorausgehenden Stufen des Denkens geht  
  das spekulative Denken, die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit, im Begriff
  selbst als notwendige Form der Vermittlung des religiösen Bewusstseins hervor.
  Andernfalls wäre es selber nur subjektiv und willkürlich. Dasselbe Vorgehen liegt
  der Wissenschaft der Logik zugrunde: Die Logik des Begriffs basiert auf der Logik
  des Seins und der Reflexion (Wesen).

(1) Das Denken als innere Dialektik der Vorstellung

- Die Vorstellung als wesentliche Form des religiösen Bewusstseins kann ihre
  sich widersprechenden Bestimmungen von Gott nicht in der Einheit behalten,
  Einheit und Bestimmungen widersprechen sich für die Vorstellung grundsätzlich.
  Entweder ist die Einheit oder sind die (endlichen) Bestimmungen. Wenn die Einheit
  gesetzt ist, verschwinden die Bestimmungen und umgekehrt. Erst das Denken,
  kann diese innere Dialektik der Vorstellung zum Bewusstsein bringen. Die
  Seinslogik als objektive Logik des noch äusseren nur an sich seienden Begriffs ist
  die Manifestation dieser inneren Dialektik.
- Der Widerspruch der religiösen Vorstellung kann auch durch das abstrakte
  Denken des Verstandes aufgezeigt werden. Dies ist das Geschäft der Aufklärung,
  das den in den sinnlichen und natürlichen Bestimmungen der religiösen Vorstellung
  noch vorhandenen Gedanken des Allgemeinen (Einen) auch zu etwas nur
  Endlichem macht und so für einen Irrtum erklärt. Darin ist einerseits noch die eigene
  Dialektik der Vorstellung enthalten, was die Wichtigkeit der Aufklärung des
  Gedankens hervorhebt, andererseits erfährt diese Dialektik durch den abstrakten
  Verstand und seine fremden Kategorien eine formelle Willkür, die ihr fremd ist, sie
  zerstört, statt ins spekulative Denken überzuführen.

(2) Das Denken als Reflexion und Beobachtung (S. 176ff)

- Der Standpunkt der Reflexion geht über den Standpunkt des unmittelbaren
  religiösen Bewusstseins hinaus. Dabei tritt die Endlichkeit in einen bestimmten
  Gegensatz zur Unendlichkeit. An diesem Gegensatz hält die Reflexion fest.
- Das Fortgehen zum Unendlichen ist nur eine abstrakte Negation des Endlichen, das
  nicht im Unendlichen aufgehoben ist, sondern nur negiert worden ist. Die
  Abstraktion wird so selbst zum Endlichen.
- Es stehen sich zwei Endliche gegenüber, das erste ist „ein verschiedenes,
  mannigfaltiges Aussereinander, von denen jedes ein Besonderes, Beschränktes
  ist“, das zweite ist „das Allgemeine in dieser Vielheit“ – die Vorstellung.
- Die Vielheit wird unter die Einheit gezwungen und muss ihren Charakter aufgeben.
- Die Vielheit ist nur noch Schein und wird vom Ich, der abstrakten Subjektivität,
  zusammengehalten. Alles ist vom Ich gesetzt.
- Damit ist die absolute Behauptung des Endlichen in der Reflexion erreicht: Ich als
  die unmittelbare Negativität, die unmittelbare Einzelheit in ihren Gefühlen,
  Meinungen etc. ist „in allem Inhalt die unmittelbare Beziehung auf sich selbst. Für
  die abstrakte Subjektivität sind keine objektiven Inhalte mehr. Sie ist das Affirmative
  und in diesem unmittelbaren Sein das Wahre (S. 180, 181).
- Konnten in der Vorstellung des religiösen Bewusstseins die Widersprüche der
  Bestimmungen nicht in einer Einheit zusammengefasst, sondern immer nur
  erneuert werden, lässt die Reflexion den Widerspruch selbst verschwinden in der
  absoluten Entgegensetzung der Einheit des abstrakten Subjekts, des absolut
  Idealisierenden, und der Vielheit der Inhalte und Bestimmungen (Kantscher
  Dualismus und Moralismus). Alle objektiven Inhalte, Unterschiede, Bestimmungen
  des Bewusstseins sind aufgehoben und nur durch die Reflexion und Abstraktion
  des Subjekts in seinem unmittelbaren Sein gesetzt (Kopernikanische Wende der
  Verhältnisses von Subjekt und Objekt).
- Damit wird das Ich als Endliches und Unmittelbare zu einem Unendlichen und das
  Wissen von einem Höheren ist nur noch Rührung und Belieben. Die Einzelnen
  verbindet nichts objektiv Gemeinsames mehr (S. 182). Ein solches müsste ein
  selbständiges Sein haben, ein eigenes Affirmatives sein, vermittelt nicht durch ein
  abstraktes Subjekt, sondern durch das Allgemeine in ihm, welches das objektiv
  Gültige und die subjektive Tätigkeit als Momente in sich aufhebt. Darin erhält das
  Subjekt Inhalte, die es nicht aus seiner Endlichkeit und Leerheit selber setzt, und
  der Inhalt ist nicht mehr nur Vorstellung von etwas objektiv Gegebenen, sondern
  durch das subjektive Moment vermittelt.
- Dies Allgemeine ist der vernünftig organisierte Staat und die Bildung, die beide
  aus einem Verhältnis des Bewusstseins hervorgehen müssen, welches weder das
  Endliche neben dem Unendlichen stehen lässt (religiöse Vorstellung), noch die
  Einheit beider lediglich im abstrakten Gedanken gegen die Vielheit setzt und
  die Widersprüche zwischen den beiden im Subjekt auflöst, seiner Unmittelbarkeit
  alleine zur Aufgabe macht (Dualismus von Subjekt und Objekt, Moralität als
  unmittelbare Einheit von Einzelnem in seiner Besonderheit und Allgemeinem).
- Die Reflexion steht auf dem subjektiven Standpunkt der Einheit von Endlichem und
  Unendlichem, „und statt das für sich haltungslose Einzelne in die Allgemeinheit zu
  versenken und die Affirmation in ihrer absoluten Allgemeinheit aufzufassen, in
  welcher sie das Einzelne in sich schließt, fasst sie die Einzelheit selbst unmittelbar
  als das Allgemeine. Dies ist der Mangel dieses Standpunktes. Die Gegensätze
  können nur beurteilt werden, wenn man sie auf den letzten Gedanken zurückführt.“
  (S. 184)

(3) Die vernünftige Betrachtung der Endlichkeit (S. 186ff) 

- Der notwendige Übergang von der Reflexion in die vernünftige Betrachtung der
  Endlichkeit ist dialektisch zu fassen. Es ist der Übergang von der Wesenslogik in die
  Begriffslogik.
- Dialektisch bedeutet die Konsequenzen des vorherigen Standpunkts der Reflexion
  aufzuzeigen. Die sich ergebenden Widersprüche werden in einem Dritten
  aufgehoben. Es geht also nicht darum, den Standpunkt der Reflexion zu negieren,
  sondern ihn mit dem Standpunkt der objektiven Wahrheit des Bewusstseins zu
  versöhnen. In der Logik werden Sein und Wesen im subjektiven Begriff aufgehoben,
  der das Objektive aus sich selber heraus setzt.
- Der Standpunkt oder die Freiheit der Reflexion sagt, dass nur das endliche Ich das
  Affirmative und Wahre ist, sie lässt nichts Objektives in sich entstehen, da ein
  solches für sie etwas Fremdes wäre. Gleichzeitig will sie das Endliche aufheben im
  Allgemeinen, bleibt aber beim abstrakt Allgemeinen, bei der abstrakten Identität
  stehen, die nur durch die Negation des Endlichen zustande kommt. Dieser
  Standpunkt enthält deshalb einen Widerspruch, der nach einer Weiterentwicklung
  des Standpunkts ruft.
- Zur Aufhebung dieses Standpunkts muss das endliche Ich auf sich Verzicht tun und
  ein Objektives anerkennen, „welches in der Tat und Wirklichkeit für mich als Wahres
  gilt, welches anerkannt ist als das Affirmative, für mich gesetzte, in welchem ich als
  dieses partikulare Ich negiert bin, worin aber meine Freiheit zugleich erhalten ist“ (S.
  186).
- Soll ein Objektives anerkannt werden, darf das Ich nicht abstrakte Identität sein,
  sondern muss als Allgemeines bestimmt sein. Diese Bestimmung ist der Prozess
  der Objektivierung, d.h. der Prozess der Versenkung in die Sache, die als Gedanke
  im Gedanken zu erfassen ist.  Es kommt somit darauf an, die Bewegung des
  Begriffs in der Sache aufzuzeigen. Dies bedeutet auch, aus dem Einzelnen heraus
  das Allgemeine zu erkennen und umgekehrt aus dem Allgemeinen das Einzelne
  herzuleiten. Induktion und Deduktion können im Prozess der Erkenntnis nicht
  einfach getrennt werden, sondern sind Momente der Entwicklung von Wissen,
  Momente der Bewegung des Begriffs.
- Damit ist der Standpunkt der denkenden Vernunft erreicht, die sowohl in der
  Religion als auch in der Philosophie tätig ist, in der Religion noch unbefangen in der
  Weise der Vorstellung und Andacht (Gedachtem), in der Philosophie in der Form
  der Bewegung des Denkens.
- Der Standpunkt der denkenden Vernunft ist nicht nur unmittelbares Wissen von
  Gott. Das unmittelbare Wissen bleibt bei der Reflexion stehen, dass das Objekt des
  Allgemeinen (Gott) nur im Gefühl bestimmt ist, da jede weitere Reflexion es wieder
  in die Endlichkeit und Besonderheit zurückversetzen würde. Es ist dies die
  Konsequenz des Standpunkts der Reflexion, die bei der abstrakten und leeren
  Subjektivität und Unendlichkeit stehen bleibt und damit für die Bestimmung der
  wahrhaften Unendlichkeit nur die Form des unmittelbaren Gefühls gelten lassen
  kann. Damit ist jedoch nichts Objektives gewonnen. Das unmittelbare Wissen für
  sich ist auch nur ein subjektiver Standpunkt, es kommt nur zur subjektiven
  Gewissheit, nicht jedoch zur Wahrheit (Objektivität, konkretes Allgemeines).
- Der Standpunkt des unmittelbaren Wissens ist ein vorzeitiges Abbrechen der
  Reflexion, der Vermittlung des Denkens, sobald das wahrhafte Unendliche
  und Objektive aus dem Endlichen heraus bestimmt werden soll. Deshalb ist das
  unmittelbare Wissen ein Moment des spekulativen Denkens, jedoch kein absolutes
  Wissen. Auch in Hegels Logik geht die Vermittlung ins Unmittelbare über, das dann
  wieder eine erneute Vermittlung erfährt. Das unmittelbare Wissen gehört zum
  Standpunkt der denkenden Vernunft, und damit sowohl zur Religion als auch zur
  Philosophie. Es geht aber aus der Vermittlung hervor, aus der Vermittlung der
  Vermittlung, der Negation der Negation, der Reflexion auf die Reflexion und eben
  nicht aus der einfachen Negation der Reflexion. Das grösste Kunstwerk ist
  dasjenige, das durch die grösste Vermittlung hindurch gegangen ist und nur so als
  unmittelbares Ganzes erscheint.
- In der vernünftigen Betrachtung des Endlichen ist „der Gegenstand das Wesen, das
  Seiende für das Subjekt“ (S. 188). Die Beziehung auf den Gegenstand ist das
  Denken des Subjekts. Es ist diese Beziehung, die das Dialektische und Spekulative
  in sich selbst hat und deshalb vom Philosophen in der entsprechenden Form
  betrachtet und entwickelt werden muss.
- Die Beschäftigung mit dem konkreten Allgemeinen ist „Wirken und Leben in der
  Objektivität“ (S. 189). Nur so kommt das Subjekt zu einer wahrhaften Anerkennung
  des Endlichen und seiner Grenzen und geht dabei (weil es mit der Grenzsetzung
  über die Grenze sieht und dies, was es sieht nicht als Ansich stehen lässt wie der
  grosse Kant) über seine Besonderheit hinaus ins konkrete Allgemeine seiner selbst
  und des Gegenstandes.
- In der Andacht und im Denken des Allgemeinen leiste ich auf mich als Partikulares
  verzicht. Das Allgemeine greift über das Partikulare. Damit aber bewahre ich gerade
  mein Selbst als Partikulares, da nun das Allgemeine aus mir herausgesetzt ist als objektiv Gültiges.    Fortsetzung